Cradle to Cradle & Drucken auf Papier: Ein freundliches Telefonat mit einer Mitarbeiterin der EPEA
Die EPEA (Environmental Protection and Encouragement Agency) in Hamburg ist ein Forschungsinstitut, das Unternehmen unterstützt, die ihre Produktionsverfahren auf das Cradle to Cradle-Prinzip umstellen wollen.
Nach dem erhellenden Vortrag von Prof. Braungart (s. letzten Beitrag in dieser Serie) waren wir ganz angespitzt zu erfahren, wie wir als Designerinnen cradle to cradle-Papierprodukte umsetzen können (nun ja, man mag es naiv nennen, aber wir dachten: feine Sache, da machen wir mit!). Nach dem Stand unserer Informationen war anscheinend die Druckfarbe der Teil, der für die schädlichen Rückstände in Recyclingpapier sorgte und das Papierrecycling an sich in Frage stellte…
Also rief ich beim EPEA an, um herauszufinden, welches Unternehmen Farben für den Offsetdruck oder auch Digitaldruck herstellt, die dem Cradle to Cradle-Ansatz entsprechen, und mit welcher Druckerei wir zusammen arbeiten könnten.
Ergebnis: Kein Unternehmen stellt derartige Farben her – bisher. Und darüber hinaus ist es sozusagen unmöglich, an genaue Informationen zu kommen, woraus Farben und Färbemittel überhaupt bestehen. Denn die Farbenindustrie ist sehr bedacht darauf, ihre Rezepturen zu schützen. Der ganze Prozess der Papierherstellung und des Bedruckens von Papier mit Farbe müsste neu erfunden werden.

Foto: http://ooommm.org
Wie z.B. mit dem von Melcher Media, Inc. zusammen mit der EPEA entwickelten „Durabook“ – ein Buch, das nicht aus Papier, sondern aus Plastik hergestellt wurde, von dem sich die Farbe in einem speziellen Verfahren abwaschen und für die Wiederbenutzung sammeln lässt (wie man die Pigmente voneinander trennt ist mir nicht ganz klar, aber nun gut). Das „Papier“ kann immer wieder eingeschmolzen und wieder verwertet werden, ohne dass es einen Qualitätsverlust gibt, es ist ungiftig – als Material und im Herstellungsprozess. Die Originalausgabe von „Cradle to cradle – Remaking the Way We Make Things“ bestand aus genau diesem Material, das darüber hinaus die wunderbare Eigenschaft hatte, auch im Regen oder unter der Dusche gelesen werden zu können (aus Gründen der „Sustainable Correctness“ sage ich jetzt nicht: in der Badewanne). (Eine lustige Testreihe gibt es hier.)
Die Übersetzungen sind leider nicht als Durabooks erschienen (Melcher Media hat ein Patent auf das Material…), und auch das neue Buch „Die nächste industrielle Revolution – Die Cradle to Cradle-Community“ ist … gedruckt auf einem FSC-Mix-Papier (mehr zu FSC-zertifiziertem Papier demnächst). Immerhin in Deutschland. Tja.
Und dies zeigt das große Dilemma: Die Aussage „Recyclingpapier ist giftig“ (s. BeitragNr. 03) mag unter dem Gesichtspunkt, dass Recyclingpapier, wie die meisten uns umgebenden Materialien, nicht frei von gesundheitsschädlichen Stoffen ist, stimmen. (Die Liste der schädlichen Inhaltsstoffe, deren Grenzwerte nicht überschritten werden dürfen, damit ein Recyclingpapier den Blauen Engel erhält, ist sehr lang…), aber was kann der Endverbraucher zum jetzigen Zeitpunkt der Entwicklung tun?
In dem Telefonat zeigte sich, dass die einzige Möglichkeit, diese Entwicklung von unserer Seite zu forcieren, wäre, sich ein Unternehmen zu suchen, das Interesse hat, Forschungs- und Entwicklungsarbeit zu leisten und zudem bereit ist, die Kosten für die Arbeit mit der EPEA zu übernehmen, oder selbst öffentliche Gelder für ein Forschungsprojekt zu akquirieren, Partner zu suchen etc… Mmmmh. Das war uns dann doch zum jetzigen Zeitpunkt … eine Nummer zu groß.
Wir haben beschlossen, uns – und unsere geneigten Leser – beständig darüber zu informieren, was derzeit möglich und die beste umweltfreundliche Alternative ist, Aussagen so gut es geht zu hinterfragen (ohne selbst ein Chemiestudium hinterher zu schieben), und trotzdem: zu machen. Denn es bleibt dabei: schoener.waers.wenns.schoener.waer!
* NB
Das C2C-Buch gibt es ja nun schon eine Weile. Nehmen wir mal an, wir machen eine Zeitung mit diesem Material. Wer druckt sie uns, wer kann soetwas? Wie teuer wird das?
Nehmen wir an, wir versuchen, die Zeitungen wieder einzusammeln. Wer setzt da eine Schmelze in gang? Überall, wo es Papierkreisläufe gibt, könnten wir einen Versuch starten, nur – wer sagt uns die Schritte dazu – und wer verrät die Kosten?