Die Bebauung des Berliner Schlossplatzes ist das wichtigste Kulturprojekt und größte staatliche Bauvorhaben in Deutschland für Jahrzehnte. Nach Ansicht der Initiatoren soll der Bau im Herzen der Hauptstadt identitätsstiftend für das wiedervereinte Berlin und Deutschland sein. Allerdings rief das Vorhaben seit Anbeginn einen gesellschaftlichen Dissens hervor.
Wir erklären uns mit dem Schlossnachbau nicht einverstanden, weil …
… uns das Nutzungskonzept uns nicht überzeugt.
… wir den Prozess seiner Durchsetzung kritisieren.
… er sich von der Stadt abwendet.
… er ein Bild von Geschichte und Gegenwart Deutschlands verkörpert, das wir nicht teilen.
Während der Beschluss für den Bau des Humboldtforums mit den barocken Schlossfassaden im Jahr 2002 bei manchen noch Euphorie (und bei anderen Resignation) hervorgerufen hatte, ist diese im Moment der Realisierung einer allgemeinen Ernüchterung und Sprachlosigkeit gewichen: Seit fast sieben Jahren existiert die Idee für die Nutzung, doch diese sieben Jahre sind verstrichen, ohne dass die Nutzer eine überzeugende Konzeption entwickelt hätten.
Nach den ganzen Jahren Sammelei sind kaum Spenden eingegangen, nur wenige Architekten haben sich auf den Wettbewerb für das prestigeträchtige Bauvorhaben beworben, das Nutzungsprogramm wurde um mehr als die Hälfte zusammengestrichen, eine programmatische Idee ist nach wie vor nicht konkretisiert. Selten war ein Bauvorhaben so umstritten wie dieses, das gleichwohl identitätsstiftend für das wiedervereinte Berlin oder gar das heutige Deutschland sein soll.
Kein Wunder, dass bei solcher Diskrepanz zwischen Anspruch und Wirklichkeit die Initiatoren des Bauvorhabens – das Bundesbauministerium und der Förderverein – mit Falschinformationen, Verheimlichungen und unhaltbaren Versprechen seit Jahren Stimmung für das Projekt zu machen versuchen. Doch nicht nur diese Irreführung der Öffentlichkeit ist für das Projekt symptomatisch geworden, sondern ebenso eine Ideenlosigkeit und Blutleere.
Es bestand die einmalige Möglichkeit und Herausforderung, die Mitte der Hauptstadt neu zu gestalten. Doch die Debatte hat die plumpe Kalte-Krieg-Logik nie überwunden. Was in der Vehemenz der Schlossfassadenlegitimation auf der Strecke geblieben ist, ist das Verständnis, dass eine Rekonstruktion ein kultureller und kein technischer Akt ist und dass ein kulturelles Großprojekt wie dieses inhaltlich zum Leben erweckt werden muss. Das Nachdenken jedoch wurde eingestellt, bevor es begonnen hat.
*SR
Ne Danke, Millionengräber hamwa schon echt genug!