Nachhaltiges Gestalten – Druck und Papier (09)

Mogelpackungen: Was heißt eigentlich „Chlorfrei gebleicht“?

chlorfrei_gebleichtNeulich flatterte mir wieder ein Umschlag ins Haus mit nebenstehendem Logo – Anlass für mich, dem Thema „Chlorfrei gebleicht“ den nächsten Beitrag zu widmen. Was genau heißt „Chlorfrei gebleicht“?

Bei der Herstellung von Frischzell- und Altpapier findet der Vorgang der Bleiche statt, um einen bestimmten Weißegrad des Papiers zu erreichen und der Vergilbung des Papiers vorzubeugen. Bei Frischzellfaserpapier werden die vorhanden Farbstoffe und der Holzstoff Lignin oxidativ (durch chemische Reaktion) abgebaut, bei Altpapier wird die Druckfarbe mittels De-Inking-Chemie ausgewaschen und die restlichen Farbpartikel mittels Bleiche entfernt.

In den 80er Jahren wurde der größte Teil des Zellstoffs mit Chlor gebleicht. Chlor reagiert mit Zellstoffbestandteilen zu giftigen und langlebigen organischen Chlorverbindungen, die sich in der Nahrungskette anreichern können. 1985 startete Greenpeace eine „Chlorfrei“-Kampagne, um auf die Umweltverschmutzung von Flüssen und Meeren durch die Chlorbleiche der Papierindustrie aufmerksam zu machen. Die Bleiche mittels Sauerstoff wurde gefordert. Über 20 Jahre später ist „Chlorfrei gebleichtes“ Papier Standard – ein Erfolg für Greenpeace und den Umweltschutz?

Greenpeace selbst konstatiert nur einen Teilsieg, denn chlorfreie Bleiche ist nur in einem Aspekt ökologisch besser und ändert nichts am Raubbau am Wald, der das Hauptproblem der Papierproduktion ist (s. Artikel Nr. 07 in dieser Serie).
Darüber hinaus ist selbst die Bezeichnung „chlorfrei“ irreführend: Oft wird Papier als „chlorfrei“ vermarktet, was durchaus mit Chlor gebleicht wurde – nämlich mit Chlordioxid anstatt mit elementarem Chlor (Chlordioxid ist leider auch extrem schädlich). Hierfür gibt es sogar eine eigene Bezeichnung: „ECF“ = Elementary Chlorine Free. „TCF“ = Totally Chlorine Free wiederum bezeichnet Zellstoff, der mit dem umweltfreundlicheren Wasserstoffperoxid bzw. Ozon gebleicht wurde. Diese Art der Bleiche ist kostenintensiver und wird bisher eher bei skandinavischen Papierproduzenten verwandt.

Beim TCF-Papier darf der Papiertechnischen Stiftung zufolge der Gehalt an chlororganischen Verbindungen nicht mehr als 30 mg/kg betragen (mal wieder eine Frage der Grenzwerte: Auch hier heißt „Chlorfrei“ nicht, dass KEINE chlororganischen Verbindungen enthalten sind). Leider wurde laut Greenpeace auch hier bei den so genannten TCF-Papieren höhere Grenzwerte als eigentlich erlaubt gefunden.

Ähnlich wie bei dem Begriff „Holzfrei“ (s. auch Beitrag Nr. 02 in dieser Serie) ist darüber hinaus bei dem Logo das Problem, dass der Eindruck entsteht, man erwerbe ein umweltfreundliches Produkt – was leider nicht stimmt. Im besten Fall trägt dieses Produkt nur weniger zur Verschmutzung von Gewässern bei, jedoch nicht zum Erhalt der ökologischen Vielfalt in Urwäldern.

rechtsHier kommt dem sog. Original-Umweltschutz-Papier (UWS-Papier) eine besondere Bedeutung zu: Im Gegensatz zu gängigem Recyclingpapier wird dieses Papier ohne De-Inking und Bleiche hergestellt. Deshalb gibt es UWS-Papier auch nur mit einem Grauschimmer. Für die meisten Büroanwendungen ist das jedoch ausreichend und die umweltfreundlichste Lösung. Da der Begriff „Umweltschutz-Papier“ nicht geschützt ist, auch hier auf den Blauen Engel achten sowie auf die Markenzeichen: „vup“, „Ökopa“, „ap“ und „papierTiger“, die in Deutschland UWS-Papier anbieten.

Mehr zum Thema bei Greenpeace und Papiernetz.

*NB

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